Gedanken – Was ist Kultur?

Gedanken – Was ist Kultur?

… oder noch wichtiger: Was kann Kultur sein?

In einer Zeit, in der unser Freizeit-Kalender im gleichen Maße überquillt wie der Job uns aufzufressen droht und in dem uns kein Erlebnis spektakulär genug ist, droht sich die Kultur schweigend als ein ‚Event‘ zwischen den anderen einzureihen. Man muss sich entscheiden: Gehe ich lieber ins Kino oder ins Theater?
Doch damit werden wir dem nicht gerecht, was wir Kultur nennen und schon seit Jahrhunderten bewahren und weiterentwickeln.

Kultur ist kein Event. Sie ist eine Geisteshaltung. Deutschland hat das große Glück eines reichen kulturellen Erbes, um das uns der ganze Rest der Welt beneidet. Dieses hat uns seit jeher zum Weiterdenken eingeladen. Innovation, Motivation und Strebsamkeit erschließen sich nur jenen, die weiter vorne auf ihrem Weg noch etwas erkennen können, das sie erreichen wollen. Ideen finden sich da, wo man sich noch un-gefürchtet Fragen stellt – oder sich in Frage stellt.

Wo immer wir dies verlieren drohen wir zu versanden. Ein Blick hinaus in die Welt lässt uns die Folgen in aller Härte gewahr werden – sei es nun in einem China, das mit der Kulturrevolution seine Wurzeln kappte und nun mühsam versuchen muss im Ausland einen Grund (im doppelten Sinne) für sein Handeln zu finden oder in fanatisch-ideologischen Randgruppen, die ihre Kultur mit ihrer Religion gleichsetzen und nicht über diese hinaus denken und wahrnehmen können. Die aktuelle Regierung in Amerika zeigt auf schockierende Weise, was geschieht, wenn kulturlose Geister mit starkem Wille und profunder Macht nach vorne streben. Schmerzlich erkennt man dann, dass Kultur nicht als Luxus empfunden werden darf, sondern unsere Überlebensfähigkeit sichert, wie dies auch Richard von Weizsäcker schon 1991 wunderbar in Worte fasste. (s.u.) Denn wurde der Weg in die kulturelle Sackgasse einmal beschritten, ist eine Umkehr unsagbar schwierig und aufwendig. Dies wäre der eigentliche Kulturinfarkt.

Was kann Kultur sein?
Kultur kann und muss reichhaltiger sein, als nur einer unserer vielen Termine in unserem Terminkalender. Kultur muss auch attraktiv sein, damit sich jene finden, die an ihr partizipieren wollen. Wer meint, den Wert eines kulturellen Angebotes an den Einnahmen der Theaterkasse messen zu können, ist ebenso auf dem Holzweg, wie jene, die denken, dass die Publikumsresonanz belanglos sei. Ein leerer Theatersaal ist nicht sinnvoller als ein vernagelter Brunnen.
Bewährtes erhalten, Neues willkommen heißen und gespannt darauf sein, was der nicht enden wollende Strom als nächstes an unsere Ufer bringt. Mit Neugierde in die Zukunft blicken, diese befördern und reizen, damit niemand wegschauen kann und will. Die Kommunikation suchen, statt sie abzuwehren und sich dabei bereichern lassen durch Fremdes und sich gewurzelt fühlen in Vertrautem. Intelligent sein auf rationale und emotionale Weise, weil es nicht nur meine Sprache und meine Wahrheit gibt. Das verbindet und prägt und schafft Lust, selbst zu prägen. So hinterlässt man Spuren und lädt ein zu folgen.

Das muss Kultur sein.
Der Weg von und mit unserer Vergangenheit in eine weise gewählte Zukunft.

 

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