Wo die Zeiten verschmelzen

Wo die Zeiten verschmelzen

Spätestens mit dem neuen Jahr, beginnt auch bei uns allmählich die finale Spielzeitvorbereitung. Aber für welche eigentlich? Da kommt man mit den Jahreszahlen schon mal durcheinander. Am Telefon hört man nicht selten die Frage: „Über welches Jahr reden wir eigentlich gerade?“. Das verschärft sich dieser Tage, da einiges parallel laufen muss. Es ist eine merkwürdige Phase. Dabei entsteht irgendwie ein „Melting Pot of Times“ – ein Schmelztiegel der Zeiten, in der überraschend viel Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft aufeinander trifft.

Zeit1 – Vergangenheit wird Gegenwart
Die Vorbereitungen der letzten Jahre schlagen sich nun in tatsächlichen Tourneen nieder. Wir sind Mitten in der Spielzeit 18/19. Wirklich wunderbar, wenn endlich stattfindet, was bis dahin nur auf dem Schreibtisch existierte. Ende letzten Jahres waren wir wieder mit den SONICS unterwegs, zu Beginn war es dann das CONCERTO SCHERZettO, die im März nochmals für eine zweite Tournee mit uns unterwegs sein werden und gerade erst hatte die ADITI MANGALDAS DANCE COMPANY mit WITHIN Premiere (zu allen Erwähnten gibt es weitere Informationen unter „Kompanien & Produktionen“).

Aditi Mangaldas – WITHIN

Facettenreich und als Angebot für das Theater in der Breite wirklich Vielseitig, interkulturell, bereichernd und unterhaltsam. Das macht tatsächlich glücklich. Abgesehen von Pflichterfüllung und Arbeitsmoral, wird hier auch dem inneren Drang nachgekommen, einen Beitrag für die Gesellschaft zu leisten – für viele vielleicht nur eine Phrase, doch je mehr sich der Wandel im eigenen Umfeld manifestiert, desto stärker wird auch der viel bemühte Blick über den Tellerrand nicht nur ein Luxus als viel mehr ‚lebensorientierungs-notwendig‘. Was früher Luxus und reines Vergnügen war, gehört beim Umgang mit einer global vernetzten und agierenden Welt zum Handwerkszeug. Doch wenn dies nicht in Fleisch und Blut übergegangen ist, gerät es im Alltag leicht wieder in Vergessenheit. Beim Blick darauf, wie die unterschiedlichen Produktionen über die deutschen Bühnen touren, wird die Glut aber immer wieder neu entfacht – gut und erleichternd zu wissen, dass das Feuer noch nicht erloschen ist. Nein, viel mehr ist es der verinnerlichte Antrieb, auch wenn es manchmal nur unter der Oberfläche glimmt.

Sonics – DUUM

Zeit2 – Der Schattenwurf der Zukunft
Die Spielzeit 19/20 ist nun terminiert. Wann wir wo spielen werden, ist zu 99% entschieden, alle stehen in den Startlöchern, Proberäume werden gemietet, Darsteller verpflichtet. Die Zeit zwischen den Zeiten fühlt sich merkwürdig an. Auf der einen Seite abgeschlossen, auf der anderen noch bevorstehend. So präsent, dass sich nun um alles gekümmert werden muss, doch so weit weg, dass die Ergebnisse unserer Bemühungen noch unabsehbar sind. Und wenngleich die Vorfreude bei einigen Produktionen wirklich groß ist (PHILADANCOS!s 50 Jahre Jubiläumstour, #JESUIS von Aakash Odedra und FILAMENT – The Circus Club), wird diese von den brandenden Eingangswellen der noch laufenden Spielzeit vorerst verdrängt. Es gibt noch viel zu tun, keine Aufführung passiert von alleine.

Zeit3 – Der Blick zum Horizont
Bis Mai muss der Plan für die Spielzeit 20/21 stehen. Die Produktionsauswahl ist bis dahin abgeschlossen, erste Prospekte werden gedruckt, die Ankündigungen veröffentlicht. In dieser Zeit fühle ich mich immer an Weihnachten erinnert. Nicht, weil es sich ähnlich anfühlt, bei all dem Schnee den wir derzeit (tatsächlich) hier noch haben, sondern weil auch Weihnachten jedes Jahr so unerbittlich überraschend vor der Türe steht und man eigentlich nie rechtzeitig alle Päckchen gepackt hat. Ich freue mich auf meine Geschenke, die ich fast fertig gepackt habe. Doch das eine, das noch unentschieden ist, das lässt mich allmählich hibbelig werden. Aber wartet ab, bald werden wir mit tollen Sachen aufwarten können. Sei es die Jubiläumstournee zum 75. Geburtstag der legendären JOSÉ LIMÓN DANCE COMPANY, der viel gewünschten Rückkehr der JON LEHRER DANCE COMPANY mit einem jazzigen BERNSTEIN Abend oder aber die BRODAS BROS mit ihrem charmanten gute Laune Mix aus HipHop und Breakdance. Lust auf Zukunft entsteht bei der Planung der selben. Immer wieder. Jedes Jahr. Das gibt ein Gefühl der Selbstbestimmung und der Gestaltungsmöglichkeit. Nichts hilft mir besser gegen Frust, Hoffnungslosigkeit und Unlust. Auch wenn es der Welt immer wieder gelingt, dies in den Hintergrund treten zu lassen. Doch das unterscheidet vielleicht die Bedenkenträgern von den Möglichkeitensuchern. Einmal mehr, volle Kraft voraus!

 

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